Mittwoch, 29. April 2009

Mittwoch, 29. April 2009, R.A. Schröder-Haus:

Autorenlesung mit Dai Lai und Tan Xudonga

Die Frage nach der Wirklichkeit, die Frage nach der Eigenständigkeit der Person. Chinesische Autoren geben Einblick in die literarische Entwicklung in ihrem Heimatland

„Wir ermuntern unsere Studenten, ausländische moderne Literatur zu lesen, auch deutsche. Umgekehrt ist das leider nicht so, In Deutschland weiß man fast nichts über unsere Autoren“, klagte Prof. Tang. Dieses fehlende Wissen sieht man inzwischen auch bei der Frankfurter Buchmesse so, daher ist China Ehrengast der Messe 2009.

Die Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft Würzburg wurde einmal mehr ihrer Aufgabe gerecht, zum Verständnis von Kultur und Gesellschaft Chinas beizutragen, in dem sie mit Unterstützung des Rudolf-Alexander-Schröder-Hauses zwei Autoren einlud, die auf der Buchmesse China vertreten werden.

Frau Dai Lai, Jahrgang 1972, stellte ihren Roman „Vier Leben“ vor, in dem vier Menschen die Ermordung eines Mannes jeweils aus ihrer Sicht reflektieren. Wer nun wirklich der Täter war, wird wegen der Subjektivität der Erzähler nicht klar. Wirklichkeit ist schwer oder nicht erfassbar. Diese Sicht zieht sich durch mehrere der Werke der Autorin, in deren Mittelpunkt oft gebrochene Charaktere stehen, ein Gegensatz zu den früher vorgegebenen Helden.

Der Autor Tan Xudong, Jahrgang 1968, ist einer der bekanntesten Kinderbuchautoren Chinas, der auch die derzeit wichtigste wissenschaftliche Untersuchung über Kinderliteratur vorgelegt hat. In Würzburg betonte er in einem Gedicht, dass Kinder eine eigene Welt besitzen, die von der Welt der Erwachsenen respektiert werden müsse – eine Abkehr von der hierarchischen Gesellschaftsidee des Konfuzianismus.

Die Autoren trugen auf Chinesisch vor, die Übersetzungen wurden von Kai Markus Brecklinghaus vom Mainfranken Theater Würzburg mit großem Einfühlungsvermögen gestaltet.

Im Anschluss an die Lesungen entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, in der zahlreiche Zuhörer sachkundig Vergleiche zur europäischen Literaturentwicklung zogen und sich über die Situation der Schriftsteller in China informierten, die die dynamische gesellschaftliche Entwicklung nicht nur in ihren Werke analysieren, sondern sie durch ihre Arbeiten auch mit gestalten.